Lichtverhinderer

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Stehgreifgeschichte, geschrieben auf Twitter zusammen mit @Tutti5001

„Kann man schon etwas erkennen? Wieviele sind es? Ich glaube, es sind viele.“

Ja, es sind viele. Am Horizont sieht man die aufgewirbelten Staubfahnen, und am Himmel kreisen die Raben, aufgeregt kreischend. Die Kinder hatten sich im Baumhaus versteckt, das sie in friedlicheren Zeiten in den Ästen einer Eiche errichtet hatten. Sie lauschten angespannt.

Sie waren noch weit entfernt. Doch sie schicken ihre Boten voran. Gestalten die nur aus Angst und Unbehagen bestanden, schlecht im Ansehen und im Geruch. Sie suchten das Gute, es zu verderben. Doch gab es dieses Gute überhaupt? Kamen sie nicht ohne Grund hierher? Warum? Ein Ziel?

Auf einer Lichtung im Eichenwald entsprang die Quelle, silberhell und rein. Das klare Wasser wurde von einem Becken aus Stein aufgefangen, geziert mit Blattwerk. Es war so fein behauen, dass man meinte, die zarten Zweige könnten sich im Winde wiegen.

Bei dieser Quelle lebten drei weise Frauen. Eine war so groß und breit wie ein Berg, mit breiten Schultern, einem dröhnendem Lachen und einem freundlichem Lächeln im faltigen Gesicht. Sie überragte die Zweite wie eine Erwachsene ein Kind.

Diese war klein und zierlich, mit Augen so lebendig wie Quecksilber und schnellen, trippelnden Schritten, ihr unbekümmertes Lachen war ansteckend für jeden der es hörte. Ihre flinken Hände waren immer beschäftigt, huschten wie kleine Vögel hin und her.

Die dritte Schwester war von ebenmäßiger Gestalt, ihr Antlitz lieblich, obwohl auch sie die Jahre bereits gezeichnet hatten. Ihr mildes Lächeln wärmte jeden dem sie es schenkte das Herz und wer sie singen hörte, war bezaubert von ihrer Stimme.

Diese Quelle war weithin bekannt für ihre Heilkraft, sie erquickte nicht nur den Körper, sondern auch Geist und Seele. Sorgenbeladen und traurig pilgerten die Menschen zum Quell, humpelten auf Krücken heran, wurden gar auf Bahren getragen. Die Quelle stärkte und heilte alle.

Die drei Frauen waren ihre Hüterinnen. Sie beherbergten die Besucher – es kamen viele und von weither – und taten das ihre, damit jeder erfrischt und gestärkt wieder von dannen zog. Es war wohl dieses Gute und Schöne, welches das Böse auf den Plan rief.

Die Boten des Bösen kamen schnell voran. Sie wurden von Halbwesen begleitet, die alles und jeden in schwarzes Moor verwandelten, dass sich ihnen in den Weg stellte. Es war nicht mehr weit, bis die Vorhut bei den 3 Schwestern eintreffen würde. Nur noch wenig Zeit sich vorzubereiten

Doch was konnten die Schwestern schon ausrichten, gegen mehr als 50 Vorboten und ebensoviele Halbwesen? Guter Rat war teuer. Die Quelle musste verteidigt werden. Fällt die Quelle, fällt auch das dritte Land für immer ins Verderben, wird schwarzes Moor. Ohne Zukunft, ohne Leben.

Sie waren sich einig, dass sie allein nicht lange bestehen können. Trotz der großen Schwester und trotz der freundlichen Seelen, die in ihnen wohnten. So schickten sie den Boten Velocior Omnibus, der die Gestalt von Quecksilber hatte, zu den Königen des ersten und dritten Landes.

Aber Velocior hörte schlecht, und so ritt er wie der Teufel, sein Gaul aus flüssigem Schwefel donnerte so wild über die Ebene dass seine Hufe wie Kriegstrommeln klangen. Leider folgte er nicht der Allee nach Westen, die ihn sicher ins erste Königreich geführt hätte.

Im Westen residierte der gute König Wenzeslaus, der dem dritten Land sicher zu Hilfe geeilt wäre, wenn er nicht schon so alt und kraftlos gewesen wäre. Er folgte aber auch nicht der staubigen Straße mach Osten, über die man in zweite Land reiste. Königin Edeltraut die Gutmütige hätte Ihre Unterstützung bestimmt nicht verweigert.

Nein, er galoppierte statt dessen nach Norden, den Gebirgspfad entlang und hätte beinahe einen Steinschlag ausgelöst, so sehr beeilte er sich. Aber über das Land hinter den Bergen, in das zu kommen er sich so beeilte, wusste niemand etwas zu berichten.

Es hieß nur, dass das Land im Nebel versunken wäre, und seit langer, langer Zeit galt das vierte Land als eine Legende, die man Abends den Kindern erzählte. Was würde unser quecksilbriger Ritter dort vorfinden? Und würde er seinem bedrängten Herrinnen wohl Hilfe bringen können?

Er ritt schon drei Tage, ohne Rast, ohne Ruh. 

Am vierten Tag lag endlich das vierte Land vor ihm. Im Gegensatz zu allen Legenden, war es hell und klar. Freundlichkeit herrschte an allen vier Enden und ein lieblicher Glanz strahlte über allem. Auch roch es dort vortrefflich. Nach Kuchen und Lindenblüten. Velocior fühlte, wie sogar sein Herz aus Feuer und Schwefel von der Aura, die das vierte Land umgab, berührt wurde. Seine Sinne wurden feiner, sein Ritt beschaulicher und vorsichtiger. Nichts wollte er hier verletzen oder beschädigen. Nichts sollte den Frieden behelligen. So trat er vollständig über die Grenze um sich umzuschauen.

Endlich kam er zu der einer uns bekannten, alten Linde. Er bemerkte eine besondere Stille, seichtes Licht und die Luft roch, als würde man an einem ganz besonderen Kuchen riechen. Erst hier, im Schatten der alten Linde, ruhte er.

Ein ganz merkwürdiges Gefühl überkam ihn. Eines, dass er aus frühen Kindheitstagen kannte: Das des inneren Friedens. Er legte den müden Quecksilberkopf auf eine Wurzel der Linde und schlief tief und fest ein. Ihm träumte dabei etwas sehr merkwürdiges:

Der Traum erinnerte an eine Zwischenwelt. Dort sah er ein Mädchen, die wunderbare Populina die Erste. Seine große Liebe und seine größte Schuld. Beide kämpften für die Könige der vereinten Länder, stellten sich Zwergen und Scheinriesen entgegen und schützen die Welten gegen Unbill.

Ihre Liebe war groß und ohne Zweifel, ihre Seelen verbunden. Sie kämpften wie der Shogun, stark wie tausend Mann. Eines Tages aber, als sie gegen die Schergen der Unterwelt fochten, war er einen Moment unaufmerksam, vernachlässigte die Deckung. Populina wollte ihn retten und warf sich zwischen ihn und den Schwertkämpfer aus dem Hades. Doch der Schlag war gesetzt und wirkte mit voller Kraft. So stark, so gnadenlos, wurde Populina getroffen. Ihr Bein wurde ihr unmittelbar unter der Hüfte abgetrennt, es wurde es dunkel um sie.

Der Velocior sah die große Wunde, den Verlust an Blut  und Lebenswillen. Er schauderte. Seine Schuld, seine Unzulänglichkeit. Populina würde vergehen, er würde sie verlieren. Das darf nicht sein. Er rief die Götter der Unterwelt an und bot sich selbst, seinen Körper

und seine Seele zum Tausch an. Orcus, einer der Könige der Unterwelt er Welt, legte die Regeln fest. Velocior gab also alles hin und tauschte sein Selbst, gegen eine Hülle aus Quecksilber und Feuer. Verdammt dazu, für immer den mächtigen zu dienen und zu folgen.

Populina konnte also gerettet werden. Ihr Bein allerdings, war für immer verloren. Als sie erwachte, war Velocior verschwunden. Keine Nachricht, kein Hinweis war ersichtlich. Zurück blieb nur sie und eine neue Kraft , die sie in sich spürte. Sie machte sich auf den Weg.

Der Ritter aus Quecksilber erwachte aus dem Schlaf mit einem Gefühl der Dringlichkeit. Es gab etwas sehr Wichtiges, dass er zu tun hatte, ja, einen drängenden Auftrag, von dem viel – ja, alles abhing. Aber er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern.

Klar und deutlich stand ihm hingegen sein Traum vor Augen. Seine Populina. Wie es ihr wohl erging? War der Traum ein prophetischer? Hatte er am Ende sogar mit seinem Auftrag zu tun? War Populina in die Angelegenheit verwickelt?

Nach kurzem Überlegen sah er, dass ihm nur ein einziger Weg blieb. Er musst Populina wiederfinden. Hoffen, dass sie ihm verzeihen konnte, was er ihr angetan hatte. Hoffen, das Populina, die Wunderbare, das fehlende Puzzlestück zu dem vergessenen Auftrag war.

Er ahnte nicht, wie nah er ihr schon war. Da es tagte, sattelte er auf und da es nur einen Weg gab, war es leicht sich zurechtzufinden. Ab und an, begegnete er Waldbewohnern, die ihm freundlich zunickten. Ihm schien als hätte ihm seit 1.000 Jahren niemand mehr zugenickt.

Als er eine Weile geritten war,kam er an ein kleines, verfallenes Haus. Trotzdem sah dieses Haus freundlich aus. Fast so,als würde es ihn willkommen heißen wollen. Er stieg ab,öffnete die Gartentür und schritt bis zur Haustür voran. Die Tür stand offen. So, als solle er eintreten.

Velocior ging hinein. Ein kleines Feuer brannte im Kamin, es roch nach Kuchen und Glück. Blumen standen auf dem Tisch, dessen Tischdecke bunt wie ein Traum war. Die Blumen erinnerten ihn an Populina. Safran-Krokus, sehr selten und schwierig zu finden. Ihm wurde das Herz warm.

Safran-Krokus

Tränen aus schwerem Blei liefen über seine Silberwangen als längst vergessen geglaubte Erinnerungen ihn überwältigten.Der unbeschreiblich köstliche Duft des Krokus hatte alle seine Erinnerungen wieder erweckt. Klar und deutlich stand alles, alles vor seinen Augen:

Die verzweifelte Not, in der sich das dritte Land befand. Der dringende Auftrag, mit dem ihn die drei Schwestern beauftragt hatten. Die Notwendigkeit, die heilende Quelle zu beschützen und zu Bewahren. Und natürlich Populina. Populina. Seine Populina.

Da wurde dem Ritter leicht ums Herz, so, als hätte jetzt alle Not ein Ende gefunden. Staunend hob er den Kopf, ein Lächeln auf den Lippen, die so lange keine Freude gekannt hatten. Endlich hatte er wieder Hoffnung. Alles würde gut werden!

Er neigte sich über die leuchtende Blüte um den Duft ganz einzuatmen und eine seiner bleiernen Tränen netzte den zarten Krokuskelch. Da welkte die Blüte hin, die Blütenblätter segelten sanft zu Boden und zurück blieb ein bleiglänzender großer Samen, der den Stengel krönte.

Noch ehe er weiter schwärmen konnte, sprach ihn eine tiefe, schwere Stimme an. Eine Stimme wie ein Berg, wie Donnergrollen. „Willkommen Velocior. Willkommen in Bullerichs Herberge“! Er hatte den großen Bullerich gefunden. Endlich.

Der alte Bullerich

Ein Aufschrei, und Populina stürmte auf Velocior zu, umarmte ihn und lehnte den Kopf an seine silbrige Brust. „Du lebst, mein Liebster, du lebst!“ Sie blickte ihn an und lächelte. Lächelte so süß, dass die Sonne anfing zu scheinen und die Vögel ihr schönstes Lied anstimmten.

Tausendmal hatte sich der Ritter aus Quecksilber vorgestellt, wie es wäre, seine Geliebte wiederzusehen. Hass und Vorwürfe hatte er erwartet. Hatte gefürchtet, sie könnte gebrochen und verhärmt, allein und ohne Freunde sein. Und hier war sie, schöner denn je, auf zwei Beinen.

Populina rief ihn bei seinem Kosenamen: „Locio!“. Fragend blickte sie zu ihm auf. Da konnte er nicht anders, er nahm sie in die Arme und küsste sie. Küsste sie und in diesem Kuss lag eine ganze Welt. Ihm schwindelte, so als würde sich die Erde unter ihm drehen. Welches Glück!

Ihm schwanden die Sinne. In ihren Armen glitt er zu Boden, erschrocken bettete sie sein Haupt auf ihren Schoß. Unter ihren streichelnden Fingern verwandelte sich das Quecksilber zurück in Fleisch und Knochen, Blut und warme, weiche Haut. Staunend sahen es Populina und Bullerich.

Da stand er nun. Schön anzusehen, jedoch ohne die vorhergehende Macht von Feuer und flüssigem Metall. Auch sein treues Ross hatte sich verwandelt. In einen Schimmel, wie ehemals, wie früher, am Hofe des Königs.

Da stand er nun. Schön anzusehen, jedoch ohne die vorhergehende Macht von Feuer und flüssigem Metall. Auch sein treues Ross hatte sich verwandelt. In einen Schimmel, wie ehemals, wie früher, am Hofe des Königs.

Populina war schnell, so schnell, dass sich die Luft erwärmte und die Zeit für einen Moment stehen zu bleiben schien, bewegte sie sich durch den Wald. Der Velocior hatte nichts mehr als sein treues Ross -man muss erwähnen, dass es von großer Gestalt war- seine feines Antlitz

Und einen verzweifelten Mut. Der ihn aber auszeichnete, ohne Frage. Bullerich hingegen, obwohl er schon sehr alt war, konnte den Wind bezwingen und die Geister des Waldes anrufen und führen. So sollte Bullerich die Gemeinschaft anführen und zum Ziel an die Heiligen Quellen

bringen. So stärkten sich die drei mit Populinas Kuchen, tranken den Nektar der Einhorneichhörncher und machten sich auf den langen und beschwerlichen Weg zu den drei heiligen Schwestern, die im dunklen Land ausharren mussten.

Der Weg war weit. Der Velocior hatte zwei Monde benötigt um zu Bullerich zu gelangen. So lang würden die heiligen Schwestern nicht mehr aushalten können. Als sie eine Weile gereist waren, kam ihnen eine kleine, unscheinbare Gestalt entgegen. Es war der alte Ziselich. Griesgrämig wie immer. Wohin des Weges, Nullerich, schallte es aus seinem Mund. (Er machte gerne diesen Scherz mit Bullerich) Wohin willst Du reisen mit diesem Mädchen, dem Schönling und der klapprigen Mähre? Willst du dich wieder einmischen, in Dinge? 

Bullerich nahm den Zeselig bei Seite beide unterhielten sich lang. Sehr lang. Es ging soweit, dass Ziselichs Antlitz andere Züge annahm und man wollte meinen, dass ein Tränchen über seine harten Wangen ran. Nun gut, sagte Ziselich mit fester Stimme. Tretet zurück! Ziselich nestelte an seinem Wams und zog ein Horn hervor. Er holte so tief Luft, dass die Nebenstehenden nur noch schwer atmen konnten, und blies hinein. 

Der Ton war übernatürlich. Laut wie die Trompeten von Jerichow aber klar wie der reinste Gebirgsbach, den man sich vorstellen konnte. Der Himmel verdunkelte sich die Wolken formten sich zu einem riesigen Streitwagen, vor dem vier riesige Widerlinge gespannt waren. Widerlingen waren alte Fabelwesen, deren Herkunft und Ursprung unergründet sind. Auch sahen sie für jeden Betrachter nie gleich aus. Man sagt, Widerlinge entspringen dem inneren der verlorenen Seelen und niemand kann sie gleich sehen, gleich fühlen. Der Streitwagen sank sanft auf den Waldboden. Ziselich sprach zu den Widerlingen, die drei Gefährten und Velociors Schimmel, stiegen zu. Dann ein Donnerschlag und der Streitwagen setzte sich in Bewegung. 

Die wilde Fahrt begann. So wild, dass kaum Zeit für weitere Überlegungen oder Pläne blieb. Nach einer kurzen Weile, überquerten sie die Grenze und es wurde Dunkel und Schwarz. Ein Gefühl kam auf, als würde man mit Gevatter Tod um sein Leben tanzen müssen Doch in diesem schwarzen Nichts, sahen sie ein helles Licht scheinen. Die letzte Bastion in einem verloren Land. Sie waren an der heiligen Quelle angekommen. Die drei Schwestern erwarteten sie. Der finale Kampf sollte beginnen.

So anstrengend wie ihre Reise gewesen war, so traurig war ihre Ankunft bei der heiligen Quelle. Um sie zu erreichen mussten sich die Widerlinge durch das Dunkel kämpfen, das wie klebriger Sirup über dem Land lag. Kein Laut war zu hören, nur manchmal das Weinen eines Kindes und das Heulen des Windes, der kalt und unbarmherzig über die kahlen Ebenen des dritten Landes pfiff. Es war, als wäre der Tod über das ganze Land geritten und hätte bittere Ernte gehalten.

Velocior, der sich an die blühenden Landschaften erinnerte, schüttelte traurig den schönen Kopf. Welch Unglück hatten die Lichtverhinderer über das Land gebracht? Wie sollten sie es schaffen, gegen diese tödliche Macht anzukämpfen? Zweifel erfassten sein Herz.

Populina, der feinfühligen, fiel sofort der Kummer auf dem Gesicht ihres Liebsten auf. Tröstend fasste sie ihn an der Hand, und es schien, als wäre es etwas weniger dunkel. Bullerich nahm ihn bei seiner zweiten Hand. Und wieder schien die Dunkelheit um ein weniges zu weichen.

Erstaunt sahen sich die Reisegefährten an. Kann es denn wahr sein? Ist es die Macht unserer Liebe zueinander, die die Dunkelheit zurückdrängt? Nachdenklich fasste Bullerich nach der Hand des alten Zieselich. Kaum merklich lichtete es sich weiter.

Ihr fragt euch gewiss, ob unser guter Bullerich dem griesgrämigen alten Zausel wohl liebevoll zugetan war. Ja, das war er. Ebenso lebte im Herzen des alten Miesepeters eine große Liebe zu Bullerich. Wie kann das sein, bei all dem Streit, die diese beiden miteinander hatten?

Und es ist ja auch wirklich zum Verwundern. Wenn ich euch erzähle, dass diese beiden Brüder waren, die sich vor langer Zeit zerstritten hatten, dann versteht ihr auch, das gerade diese Verbindung, die die Verbitterung zwischen ihnen beendete, die Dunkelheit in die Schranken wies.

Doch was zwischen Ihnen an Liebe war, reichte nicht aus, um das Licht ins dritte Land zurückzuholen. Dennoch waren ihre Herzen jetzt etwas hoffnungsfroher, als sie sich im Zwielicht auf den letzten Teil der Reise machten. Endlich erreichten sie den Wald, in dem die Quelle war. Sie lenkten den Wolken-Streitwagen zwischen den toten Bäumen hindurch, die Widerlinge schnauften und stöhnten vor Anstrengung, wollten gar den Dienst versagen vor Erschöpfung. Es war Populina mit ihrer sanften Stimme, die sie überredete, die letzten Schritte zu machen. 

So stolperten sie mehr schlecht als recht auf die Lichtung – den einzigen Ort im Land, an dem es hell war. Es war die Quelle, die ihr heiliges, heilendes Licht verströmte und damit ein Bollwerk gegen die Dunkelheit bildete.

Am Rande der Quelle standen die drei Schwestern und hielten Krüge mit heilendem Wasser bereit, um es jenen zu geben, die es vermocht hatten aus der Dunkelheit zu entkommen und Zuflucht beim Brunnen zu suchen. Es waren nicht viele an der Zahl. Doch einigen Bewohnern des dritten Landes war die Flucht gelungen. Sie hatten Zelte auf der Lichtung aufgebaut, und harrten auf Rettung. Da waren einige Kinder und ihre Großeltern, ein junges Paar, das sich fest an Händen hielt. Alle verhärmt und blass, aber ungebrochen. 

Alle blickten unsere Helden erwartungsvoll an als sie mit letzter Kraft diese Oase des Lichts erreichten. Die drei Schwestern eilten ihnen entgegen und reichten ihnen das heilende Wasser. Sie tranken tief, und fühlten, wie die Hoffnung in ihre Seelen strömte.

Sich immer noch an Händen haltend, betraten sie den Kreis der Menschen die sich an der Quelle drängten. Freundliche Worte und hilfreiche Hände kamen ihnen entgegen, und das erste Mal seit langer Zeit fühlten sie sich sicher und geborgen.

Doch so wird es nicht enden. Die Gefährten mussten sich nun für den Kampf gegen die Dunkelheit vorbereiten. Es blieb nur wenig Zeit, die Dunkelheit rückte näher und war nicht mehr weit von der Heiligen Quelle entfernt. Niemand wusste, wie lange sie standhalten kann.

Während Sie beratschlagten, kam ein alter Mann hinzu. So alt, dass er keinen Namen mehr trug. Schon ewig nicht mehr. Er berichtete, dass es die vermuteten Soldaten der Dunkelheit nicht gab und alles böse nur von dem mächtigen Deimos ausging. Deimos bedeutete Schrecken, Terror, unaussprechliches Leid. Er allein war für alles Elend und die Dunkelheit verantwortlich und nur er musste besiegt werden, um das dritte Land zu retten. Der namenlose Greis berichtete, dass Deimos alles Gute und Schöne an sich gebracht hatte und in einer riesigen Lade verwahrte.

Zunächst musste also Deimos besiegt werden, damit man die Lade zerschlagen könne. Zu obsiegen war unmöglich, da Deimos sich und die Lade durch einen mächtigen Zauber schützte. Einen Oxijagüden Opferzauber, den er vor 10.000 Jahren einer Sumpfhexe abgejagt hatte.

Deimos selbst war eher von kleiner und unscheinbarer Gestalt. Das Böse in ihm, hatte ihn über die Jahren verdorren und schrumpfen lassen. Er erschien dem Betrachter eher als eine verrottete Baumleiche. Jeder der sich näherte, verdorrte ebenso und verschwand schlussendlich. Der Deimos konnte besiegt werden, in dem man ihn niederwarf und ihm das schwarze Herz herausriss. Das Herz, welches Deimos als Hülle nutze, musste zerschlagen werden. Nur so, könne man dem Deimos und seinem schwarzen Herz beikommen, verkündete der Namenlose.

Der Namenlose nahm Velocior beiseite. Seine Mine verdunkelte sich, als er ein persönliches Wort an den schönen Jüngling richtete. Er offenbarte, dass nur der, der einstmals aus Quecksilber und Feuer erschien, den Deimos besiegen konnte. Nur er, der nur hierfür geboren wurde. Der hierfür sterben müsse. Velocior stockte der Atem, Tränen schossen in seine Augen. Er wandte sich ab vom alten Mann ab und ging ein Stück, um wieder zu Sinnen zu kommen. Er ahnte immer, dass er irgendwann eine große Prüfung bestehen musste. Nur, warum jetzt, so und hier?

Gerade jetzt, wo er seiner großen Liebe gegenübergetreten war. Er würde Populina, seine Freunde, die heiligen Schwestern, nie wieder sehen. Er soll sterben, weil die Vergangenheit des dritten Landes, dass Böse und die Lichtverhinderer heraufbeschworen heraufbeschworen hatte?

Die erste Trauer und Verzweiflung abgeworfen, stand sein Entschluss fest. Er war ein Krieger. Als Krieger geboren und er hatte das Vermächtnis zu erfüllen. Er würde nun einen letzten Abend mit seinen Freunden verbringen und eine letzte Nacht, mit seiner geliebten Populina.

Zur vierten Stunde, würde er sich davonstehlen, der Namenlose würde ihn leiten. Dann ist es zu vollbringen, dass Unabwendbare musste getan werden. So geschah es. Zur vierten Stunde löste er sich aus der liebevollen Umarmung seiner wunderbaren Populina, küsste ein letztes Mal ihr Antlitz und sog ihren Duft in sich auf. Dann machte er sich auf den Weg. Was nun geschah, kann nicht mehr beschrieben werden. So tragisch, so schrecklich, dass Einzelheiten jeden der davon erfahren würde, in die ewig anhaltende Dunkelheit treiben würde.

So habt Verständnis. Versteht die Tragweite und das wir Geschichtenerzähler euch und uns selbst schützen müssen. Nichts könnte euch retten. Niemals mehr.

Die sechste Stunde schlug. Populina erwachte, als Sonnenstrahlen ihr vorwitziges Näschen kitzelten. Von draußen,  drang aufgeregtes Gerede, Kinderlachen und Sommerduft zu ihr an ihr Nachlager. Sie schaute zur Seite, ihr geliebter Mann lag nicht an ihrer Seite.

Sie trat hervor, sah das die Dunkelheit verschwunden war. Alles wirkte fröhlich und klar. Ein seidiger Glanz hatte sich über das Land gelegt. Sie sah sich um und erblickte Bullerich. In sich gesunken, mit tränennassen Augen, hockte er bei den Widerlingen und blickte zu Boden als er Populina erblickte. Er nahm sie beiseite und berichtete schweren Herzens, was geschehen war. Dann schloss er die verzweifelte und wehklagende Populina in seine Arme und hielt sie fest, bis ihre Tränen versiegten.

Einige Tage später und als die Verzweiflung in Trauer übergegangen war, machten sich die Freunde auf den Heimweg. Sie sprachen wenig, nur das notwendigste. Der wiedererstarkte Glanz des dritten Landes strich über sie hinweg. Sie nahmen das Glück nicht war. Sie wollten es nicht

wahrnehmen. Nach einem langen Tag, rasteten sie an einer großen Kummerbuche. Es war ein magischer Ort. Die Buche die hier zu finden war, konnte Last und Verzweiflung von den Menschen nehmen und ihnen einen Weg zeigen. Einen neuen Weg, der Hoffung verspricht und Zuversichtmverheisst. Als die Dunkelheit hereinbrach, bemerke Bullerich einen Schimmer über dem Haupt von Populina. Einen Glanz, den selbst er und obwohl er schon alles gesehen hat, noch nie erblickt hatte. Populinas Gesicht zeigte eine besondere Güte auf. Bullerich war verwirrt.

Er ging ein paar Schritte, auch um nach den Widerlingen zu sehen, die unruhig waren. Da Widerlinge normalerweise nie sprechen, wunderte er sich sehr, dass einer der Widerlinge ihn aufforderte zu ihm zu kommen. Der Widerling sprach zu Bullerich und erzählte vom Licht, dass Populina umgab. Er hätte es das letzte mal gesehen, als die goldene Prinzessin ihr Kind unter dem Herzen trug. Nie vorher, nie nachdem. Nun, mehr als tausend J ahre danach, ist es wieder soweit. Nachdem der Widerling so gesprochen hatte, verstummte er. Bullerich zitterte.

Jetzt erst verstand er, wer da vor ihm saß. Die freundliche lustige Populina, seine beste Freundin, und, wie er sich eingestehen musste, auch seine größte Liebe, war niemand anders als die wiedergeborene Goldene Prinzessin aus dem alten Zeitaltern, Isadora. 

Dieselbe Isadora, die über die Zeit gewacht und dass Licht behütet hatte. Die Lichtprinzessin, die über Jahrhunderte hinweg, das dritte Land geschützt hatte und alle gesegnet hatte, die sich ihrers Schutzes würdig erwiesen hatten. 

In dieser Reinkarnation war ihr Name also Populina. Und sie trug Velociors Kind unter ihrem Herzen, auch wenn sie es selber nocht nicht wusste. Sie war das Licht das Frieden, Glück und neues Leben für das dritte und vierte Land bringen würde. Sie würde die Mutter der nächsten Lichtprinzessin sein. 

 Seine Aufgabe würde es sein, für Mutter und Kind zu sorgen und sie zu beschützen. Sie würden in seinem kleinen Haus wohnen, gemeinsam Kuchen backen und zusammen lachen, wenn sich die Kleine Prinzessin die Backen voll stopfen würde. 

Bullerichs kleines Haus

Er ging hinüber zu Populina und drückte ihr einen sachten Kuss auf das Haar. Sie sah lächelnd zu ihm auf und sagte dann, wie im Traum: „Wir werden sie Velocia nennen. Bestimmt wird sie es lieben, unter der Linde mit den bunten Steinchen zu spielen.“

Da wusste er es: Gemeinsam würden sie Velocior im Antlitz seiner Tochter sehen und sich liebevoll an ihn erinnern. Sie würden sich an den Händen fassen, gemeinsam unter ihrer Linde sitzen, Kuchen essen und sehr glücklich sein. Alles war gut.